Navigation und Service

Geschichte

Oberschleuse Oberschleuse Oberschleuse

Schaukasten an der Berliner Oberschleuse

In der Berliner Innenstadt war der Schiffsverkehr um das Jahr 1820 herum kaum zu bewältigen. Mitunter mussten Schiffe an der Stadtschleuse im Kupfergraben sechs bis acht Tage auf die Schleusung warten. Eine Umgehung wurde notwendig. 1840 erhielt der Landschaftsarchitekt Peter Joseph Lenné von König Friedrich Wilhelm IV. den Auftrag, Pläne für eine Neugestaltung des Areals zwischen Köpenicker Feld und Tiergarten zu entwickeln. 1842 legte dieser seinen „Verschoenerungs Plan des zwischen dem Landwehrgraben und projectirten Schiffscanal belegenen Theils der ehemaligen Fasanerie bei Berlin“ vor.

Der Landwehrgraben war Mitte des 15. Jahrhunderts als Verteidigungsgrenze vom Oberbaum im Osten bis zum Unterbaum bei Charlottenburg entstanden. Genannt wurde er auch Schafgraben und Weidengraben, weil die Königliche Kriegs- und Domainenverwaltung die wegen der Treidelwege gehölzlosen Böschungen zur Grasnutzung verpachtet hatte. Mitunter taucht auch der Begriff Abzugsgraben auf, der seine eigentliche Funktion am besten beschreibt: Ableitung des Hochwassers der Spree vor der Berliner Innenstadt.

Lenné hatte in seinen Plänen sowohl die gegebene Grundwasserhöhe als auch die Möglichkeiten zur Speisung seiner Fließgewässer aus Spree und Landwehrgraben berücksichtigt. Der Kanal bekam ein Querprofil, dass er bei niedrigstem Wasserstand eine Tiefe von 1,57 Meter und eine Wasserspiegelbreite von 22,60 Meter gewährleisten konnte. Am oberen und unteren Kanalende entstanden Schleusen. Der Normalwasserstand wurde auf 2,14 Meter am Berliner Pegel festgesetzt. Sank der Wasserstand im Oberwasser der Oberschleuse unter diesen Wert, so blieb diese geöffnet, ebenso blieb die Unterschleuse geöffnet, wenn die Spree im Unterwasser den Normalwasserstand des Kanals überstieg.

Nach anderer Auffassung wäre es zur Entwässerung der an den Landwehrkanal grenzenden Ländereien sinnvoller gewesen, nur eine Schleuse am oberen Ende anzulegen und den restlichen Teil des Kanals auf den Unterwasserstand der Spree abzusenken. Lenné, dem die Bauoberleitung übertragen wurde, befürchtete allerdings, dass mit der Absenkung des Wasserstandes von etwa 1,25 Meter der alte Baumbestand des Tiergartens gefährdet würde.

Im August 1845 erfolgte der erste Spatenstich zum Landwehrkanal – und damit die Möglichkeit einer Umgehung der Stadtschleuse im Kupfergraben. Der Architekt Johann Jacob Helfft (1802-1869), Bauleiter des Landwehrkanals von 1845 bis 1850, hat die Linienführung beschrieben: „Der ungefähr 10,4 km lange Landwehrkanal tritt oberhalb des Schlesischen Thores, nicht weit von der ehemaligen Mündung des Landwehrgrabens, aus der Spree, durchschneidet alsdann die Chaussee nach Treptow, entfernt sich, die so genannten Berliner Wiesen durchschneidend und bei seiner Wendung beinahe einen rechten Winkel bildend, von der Stadt, kommt derselben bei Durchschneidung des Rixdorfer Dammes wieder näher, erreicht die Stadtmauer am Halleschen Thore, durchschneidet ferner die Militairstraße, die Berlin-Anhalter-Eisenbahn, die Schöneberger Straße, die Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn und die Potsdamer Straße, läuft die Grabenstraße entlang, wendet sich dann nach dem ehemaligen Fasanerie-Gehege, durchschneidet dasselbe und die Chaussee nach Charlottenburg und mündet endlich oberhalb Lietzow, bei dem neuen königlichen Salzmagazine, in die Spree aus."

Oberschleuse, 1848 Oberschleuse, 1848 Oberschleuse, 1848

Oberschleuse und Unterschleuse des Landwehrkanals „wurden, wie zu dieser Zeit üblich, zweischiffig mit versetzten Häuptern errichtet. Die Kammerlänge betrug 140’ (43,94 m), und zwischen den Drempelspitzen wurde eine Länge von 160’ (50,22 m) erreicht. Die Kammerbreite betrug 32’ (10,04 m), die Torweite, für die 19’ (5,96 m) gereicht hätten, wurde mit Rücksicht auf etwa zu schleusende kleinere Dampfschiffe auf 24’ (7,53 m) festgelegt. Zur Konstruktion ist zu sagen, dass zwischen den Pfählen und dem Grundbalken eine Betonschüttung (etwa 1,25 m in der Kammer und in den Häuptern etwa 1,90 m dick) zur Anwendung kam. Das Mauerwerk wurde aus Rathenower Ziegeln errichtet. Für die Wendenischen verwendete man Granit, und die Tore bestanden aus Eichenholz“ (Hans-Joachim Uhlemann in „Berlin und die Märkischen Wasserstraßen, VEB Verlag für Verkehrswesen Berlin 1987).

Oberschleuse, zweischiffige Anlage Oberschleuse, zweischiffige Anlage Oberschleuse, zweischiffige Anlage

Für den Bau der Oberschleuse wurde parallel zur Grenze zwischen Kreuzberg und Treptow ein etwa 500 Meter langes neues Kanalstück gegraben. Die damit entstandene Uferstraße erhielt am 30. April 1899 den Namen Heckmannufer, benannt nach dem Kupferschmied und Unternehmer Carl Justus Heckmann, der hier 1837 ein Kupfer- und Messingwalzwerk errichtete. Im alten Landwehrgraben, der in den Dokumenten auch als Schaf- oder Floßgraben bezeichnet wird, wurde der obere Flutgraben eingerichtet. Um auf dieser Freiarche auch Holz zu flößen, erhielt sie eine Breite von 3,45 Meter, die durch einen Setzpfosten in zwei Schützöffnungen unterteilt wurde.

Oberer Flutgraben Oberer Flutgraben Oberer Flutgraben

Zwischen dem neuen Kanalstück und dem Flutgraben entstand so eine rund 6,5 Hektar große Insel mit 600 Meter Länge und 100 Meter Breite. Sie erhielt den Namen Lohmühleninsel, weil auf dem ehemaligen Terrain am Floßgraben mindestens bis 1803 drei Lohmühlen existierten, die aus Eichen- und Fichtenrinde Gerberlohe für die Lederherstellung verarbeiteten. Erhalten ist ein inzwischen unter Denkmalschutz stehender Ziegelbau, der 1859 nach Plänen des Architekten Gustav Möller (1826-1881) errichtet wurde. Bis 1875 wurden hier die Mehl- und Schlachtsteuern für die Stadt Berlin erhoben. Nach Aufhebung der Steuer wurde das Gebäude von der Königlichen Wasserbauinspektion als Hebestelle für die Landwehrkanal-Gebühren genutzt.

Ehemalige Hebestelle der Königlichen Wasserbauinspektion Ehemalige Hebestelle der Königlichen Wasserbauinspektion Ehemalige Hebestelle der Königlichen Wasserbauinspektion

Die meisten der zahlreich über den Landwehrkanal führenden Brücken erhielten Aufzugklappen, die bei höheren Wasserständen für die Durchfahrt der Schiffe hochgezogen wurden. Damit ersparte man sich schließlich auch übermäßige Rampen für die Brückenzufahrten. Unmittelbar an der Oberschleuse führen die Schlesische Brücke und Obere Freiarchenbrücke über den Landwehrkanal und den oberen Flutgraben. Sie verbinden die Schlesische Straße über die Lohmühleninsel mit der Straße Vor dem Schlesischen Tor und der Treptower Puschkinallee. 1705 wurde an dieser Stelle eine erste Brücke über den damaligen Landwehrgraben errichtet. Daraus wurde 1852 eine hölzerne Klappbrücke. Die heutige Obere Freiarchenbrücke entstand 1893/94 als eiserne Brücke. Sie erhielt ihren Namen nach der kleinen Schleuse, die an der Brücke das Niveau zwischen Flutgraben und Spree in Höhe von 20 Zentimetern ausgleicht. Die Schlesische Brücke, 1852 ebenfalls als hölzerne Klappbrücke erbaut, wurde 1894/96 durch den Bau der heutigen eisernen Brücke mit dem verzierten gusseisernen Geländer ersetzt. Sie hat eine Stützweite von 22 Meter, zwei Wasseröffnungen, eine 15 Meter breite Fahrbahn und je 5 Meter breite Bürgersteige. Die Brücke wurde 1987 rekonstruiert und steht unter Denkmalschutz.

Oberschleuse, Schlesische Brücke Oberschleuse, Schlesische Brücke Oberschleuse, Schlesische Brücke

Obere Flutgrabenbrücke Obere Flutgrabenbrücke Obere Flutgrabenbrücke

Am 2. September 1850 wurde der Landwehrkanal dem Verkehr übergeben. Das enge Profil des Landwehrkanals mit nur 10,00 Meter Sohlenbreite bei 1:4 geneigten Unterwasserböschungen führte dazu, dass die zum Löschen haltmachenden Schiffe den Kanal blockierten. Mit den Überholungen und Begegnungen kam es zu Beschädigungen der Kanalufer. Bereits vor 1880 wurde vom Polizeipräsidenten und der Ministerial-Militär-Baukommission in Berlin ein Einbahnverkehr angeordnet, nachdem die Schiffe periodisch entweder aufwärts oder abwärts fahren durften.

Oberschleuse, 1904 Oberschleuse, 1904 Oberschleuse, 1904

In den Jahren 1883-1890 wurde der Landwehrkanal schließlich mit einem Kostenaufwand von 3,6 Millionen Mark von der Königlichen Regierung in Potsdam ausgebaut. Diese Arbeiten umfassten die Veränderung des Profils durch Vergrößerung der Sohlenbreite von 10,00 auf 22,00 Meter, die Einfassung des Kanals auf fast der gesamten Länge mit Steilufern, die Anhebung sämtlicher Brücken sowie die Beseitigung der Drehbrücke der Potsdamer Eisenbahn. Durch die Anhebung des Normalwasserstandes wurde die Wassertiefe zwischen Oberschleuse und Unterschleuse auf 1,75 m erhöht. Längs des Kanalufers wurden Ladestraßen und zwischen 1891 und 1896 der Urbanhafen errichtet.

Oberschleuse, Plan von 1931 Oberschleuse, Plan von 1931 Oberschleuse, Plan von 1931

Oberschleuse, Plan von 1931 mit Korrektur des Wasserstraßenhauptamtes Berlin von 1952 Oberschleuse, Plan von 1931 mit Korrektur des Wasserstraßenhauptamtes Berlin von 1952 Oberschleuse, Plan von 1931 mit Korrektur des Wasserstraßenhauptamtes Berlin von 1952

Mit der nahenden Vollendung des Mittellandkanals war vorauszusehen, dass weder der 1906 eröffnete Teltowkanal noch die Berliner Spree den zu erwartenden Verkehr bewältigen können. Da der Landwehrkanal als mögliche Ausweichroute nur für Schiffe mit Finowmaß (Ladefähigkeit 170 bis 200 Tonnen) angelegt war, fand in den Jahren von 1936 bis 1941 ein weiterer Ausbau für 550-Tonnen-Schiffe nach dem Breslauer Maßkahn (Länge 55,00 Meter, Breite 8,00 Meter) statt. Eine Vertiefung des Kanals ist nicht erfolgt. Die Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung hatte die Tauchtiefe daher auf 1,65 Meter festgelegt, so dass die Breslauer Maßkähne nicht voll beladen werden konnten. Unter den Brücken wurde der zweischiffige Verkehr auf eine Schiffsbreite eingeengt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Kanal durch Baggerungen auf eine Wassertiefe von 2 Meter und einen wasserführenden Querschnitt von 42 Quadratmeter gebracht.

Oberschleuse, vor dem Umbau Oberschleuse, vor dem Umbau Oberschleuse, vor dem Umbau

Oberschleuse, vor 1920 Oberschleuse, vor 1920 Oberschleuse, vor 1920

Die beiden Landwehrkanalschleusen wurden vergrößert. Die Oberschleuse wurde als 19,70 Meter breite Kesselschleuse angelegt. Da die lange Seite 72,50 Meter Länge und die kurze Seite 58,85 Meter Länge bereithalten, konnten nebeneinander zwei Breslauer Maßkähne abgefertigt werden. Die Schleuse erhielt ein Obertor und (als Novum) zwei Untertore. Während den beiden unteren Toren Torweiten von je 8,50 Meter zugedacht wurden, wurde das obere Tor mit 8,80 Meter ausgelegt. Die Oberschleuse wurde 1939 fertig gestellt.

Oberschleuse, lange Seite der Schleusenkammer Oberschleuse, lange Seite der Schleusenkammer Oberschleuse, lange Seite der Schleusenkammer

Oberschleuse, kurze Seite der Schleusenkammer Oberschleuse, kurze Seite der Schleusenkammer Oberschleuse, kurze Seite der Schleusenkammer

Das nördlich gelegene Tor der kurzen Schleusenseite (58,85 Meter) wird gegenwärtig nicht genutzt, so dass derzeit eine nutzbare Kammerlänge von 66,60 Meter zur Verfügung steht. Die Schleusekammer wurde in Spundwandbauweise errichtet. Die Sohle ist durchlässig und zum Schutz gegen Schraubenstrahl, mit einer Steinschüttung versehen. Das Befüllen oder Entleeren der Kammer erfolgt über die Klapptore, die hydraulisch angetrieben werden.

Oberschleuse,Schleusenwärterhaus Oberschleuse,Schleusenwärterhaus Oberschleuse,Schleusenwärterhaus

1998 erhielt die Maschinenfabrik Rogge GmbH Neustrelitz den Auftrag, an der Oberschleuse einen Hydraulikprüfstand für Hydraulikzylinder zu errichten. Erneuert wurden die hydraulischen Antriebe der Klapptore am Ober- und Unterhaupt (2 Hydraulikaggregate, 2 Klapptorzylinder sowie Steuerungstechnik (SPS), Busvernetzung und PC-Visualisierung. Im April 2003 wurde eine Schleusenbedienung über GSM-Netz (Handy-Bedienung durch die Fahrgastschifffahrt) fertig gestellt. Zur Vermeidung von Schleusenblockierungen wurden entsprechende Sicherheitsregeln erlassen: „Der Schiffsführer muss nach erfolgreicher Voranmeldung per SMS-Nachricht innerhalb von 15 Minuten die Hauptanmeldung absetzen. Nach der Öffnung des Tores wird das Einfahrtsignal für eine begrenzte Zeit auf ‚grün’ gesetzt. Wird innerhalb von ca. 10 min nach Einfahrtssignal ‚grün’ der Befehl zur Weiterschleusung nicht empfangen, wird das Schleusungsprogramm an dieser Stelle abgebrochen und die Anmeldung für diese Richtung (Berg- oder Talschleusung) wird automatisch zu Ende geführt. Das Einfahrtssignal wird auf ‚rot’ geschaltet und die Tore werden geschlossen. Alle Anrufe der für die SMS-Bedienung zugelassenen Handy-Rufnummern werden mit Datum und Uhrzeit versehen und protokolliert.“

Oberschleuse, Wehr an der Oberen Flutgrabenbrücke Oberschleuse, Wehr an der Oberen Flutgrabenbrücke Oberschleuse, Wehr an der Oberen Flutgrabenbrücke

Oberschleuse, nördliche Wehrklappe Oberschleuse, nördliche Wehrklappe Oberschleuse, nördliche Wehrklappe

Oberschleuse, südliche Wehrklappe Oberschleuse, südliche Wehrklappe Oberschleuse, südliche Wehrklappe

Nachzutragen ist, dass das direkt unter der Oberen Freiarchenbrücke im Flutgraben gelegene Wehr vom Schleusenpersonal ebenfalls regelmäßig überwacht wird.

Die Kammerabmessungen werden wie folgt angegeben (Oberschleuse, Abmessungen Stand 2008):

  • Länge: 66,60 m
  • Breite: 8,50 m

Tipp: Sie können sich an der Schleuse über die Anlage informieren, dazu finden Sie vor Ort Schaukästen des WSA Spree-Havel.

Im Bedarfsfall ist auch die Müllentsorgung für den Sportbootverkehr möglich.